Am 10. Oktober 1917 war der Konzertverein Ingolstadt auf Betreiben des damaligen Sanitätsrats Dr. Ludwig Liebl, der ihn dann auch bis 1938 geleitet hatte, gegründet worden. Er hatte sich die Durchführung von Konzerten auf „höchst möglicher künstlerischer Höhe“ zum Ziel gesetzt. Große Namen standen schon in den schwierigen Kriegs- und Nachkriegsjahren auf dem Programm. 1950 war der Verein nach einer erzwungenen Pause wieder ins Leben gerufen worden. Von 1954 bis 1978 leiteten Josef Schloder und von 1978 bis 2000 Reinald Atzerodt den Verein, beide tatkräftig unterstützt durch ihre Gemahlinnen, seit 2000 wird er von Eva Maria Atzerodt geführt.
Die 1987 erschienene Festschrift „70 Jahre Konzertverein Ingolstadt“ dokumentierte die glanzvolle Geschichte des Vereins seit seinen Anfängen. Dass der Verein 2007 sein 90 jähriges Bestehen feiern kann, gibt Anlass, auf die letzten 20 Jahre zurückzublicken, auf die am 25. Juli 2007 erschienene Sonderbeilage des Donau Kurier sei verwiesen. Gerade in den letzten Jahrzehnten hat die noch immer charaktervolle altbayerische Stadt, die Jahrhunderte lang Sitz der bayerischen Landesuniversität gewesen war, einen erneuten Strukturwandel erfahren, in dem die Stadt einer blühenden Autoindustrie durch die Gründung der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der nunmehrigen Universität Eichstätt – Ingolstadt und einer expandierenden Fachhochschule den Rang einer Hochschul- und Universitätsstadt zurück gewonnen hat.
Als der Konzertverein 1966 den neuen Festsaal in dem damals Aufsehen erregenden Theaterbau Hardt Waltherr Hämers beziehen konnte, hatte die Einwohnerzahl der Stadt 69 829 betragen, 2006 war sie auf 122 422, also fast auf das Doppelte angewachsen. Gerade in jüngster Zeit entfaltete sich auf unvorhergesehene Weise ein reiches musikalisches Leben. Dennoch hat sich der Konzertverein nicht nur behauptet, sondern dank seiner allen Wechselfällen enthobenen Kontinuität und seinem Anspruch, die „Musik in Geschichte und Gegenwart“ in ihrer Weite und Vielfalt auf höchster Ebene stets aufs Neue zu dokumentieren, als unverzichtbar erwiesen.
Hatte noch unter Josef Schloder das Jahresprogramm, das jeweils nach der Sommerpause beginnt, sechs bzw. sieben Konzerte umfasst, so stieg deren Zahl unter Atzerodt kontinuierlich an: 1987/88 z.B. auf 16, 1997/98 auf 17 (davon sechs Sonderkonzerte), 2007/08 waren es 11 Konzerte (davon zwei Sonderkonzerte) sein.
Musikförderpreis des Konzertvereins Ingolstadt – Eine große Chance für den Nachwuchs
Der Musikförderungspreis des Konzertvereins wurde im Jahre 1968 vom damaligen Konzertvereinsvorsitzenden Josef Schloder und dem Musikwissenschaftler Wilhelm Zentner im Verein mit den Preisstiftern Frau Elin und Herrn Dr. Wilhelm Reissmüller, Herausgeber des Donau Kurier, ausgeknobelt, und seither hat er seinen Bestand und seine Bedeutung behauptet.
Das Verfahren ist sehr einfach: Drei herausragende Studenten der bayerischen Musikhochschulen werden, nachdem der Konzertverein das Instrumentenfach festgelegt hat, von ihren Instituten gemeldet.
Die jungen Künstler spielen im Rahmen eines ganz normalen Abonnementkonzertes, gegen Gage versteht sich, jeweils einen etwa halbstündigen Programmblock, ganz nach ihrer Wahl. Allerdings muss mindestens ein Stück aus dem 20. oder 21. Jahrhundert dabei sein. Eine dreiköpfige Jury aus hochkarätigen Solisten trifft unmittelbar im Anschluss an das Konzert seine Entscheidung.
In einer kleinen Feierstunde wird später vom Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt der Preis übergeben.
Meet the Artist – Das Schülerprojekt des Konzertvereins Ingolstadt
von Barbara Thalmann
Die Jugendarbeit war dem Konzertverein Ingolstadt schon immer ein ganz besonders wichtiges Anliegen: So haben Schüler und Studenten die Möglichkeit, zum Preis von nur 4.- Euro Konzerte von höchstem Niveau zu erleben; ein Schülerabonnement kostet 42.- Euro. Darüber hinaus gibt es noch weitere Vergünstigungen für Schülergruppen, die mit betreuenden Lehrkräften in die Konzerte kommen.
Dennoch steht man auch in Ingolstadt vor dem derzeit weit verbreiteten Problem, dass immer weniger junge Menschen klassische Konzerte besuchen. Deshalb hat der Konzertverein Ingolstadt vor acht Jahren das Schülerprojekt „Meet the Artist – Schüler treffen Künstler“ ins Leben gerufen. Ziel dieses Projektes ist, Kinder und Jugendliche an die klassische Musik heranzuführen und dabei ihr Interesse und die Freude an der Musik zu wecken. Dazu besuchen Künstler, die sich auf Einladung des Konzertvereins in Ingolstadt aufhalten, die Schüler in ihren Schulklassen, spielen ihnen Stücke vor, erzählen aus ihrem Leben und ihrem Konzertalltag und beantworten Fragen der Schüler. Diese haben dabei die Möglichkeit, die Musiker aus nächster Nähe zu erleben und den „Menschen im Künstler“, das heißt die Person hinter dem Klaviervirtuosen, dem Stargeiger, etc. kennen zu lernen. Die Musiker auf der anderen Seite können in diesem kleinen und zwanglosen Rahmen ganz direkt auf die Schüler eingehen und ihnen so die Leidenschaft für ihr Instrument und die Musik weitergeben. Das Projekt wird von den Schülern mit großer Begeisterung aufgenommen und viele von ihnen kommen am Abend ins Konzert, um „ihre“ Stars noch einmal zu erleben.
Die Künstler sehen in diesen Schulbesuchen eine ganz wichtige und wertvolle Aufgabe. Das Interesse von Kindern und Jugendlichen zu wecken, sie zu motivieren und zu begeistern, stellt eine große, aber auch schöne Herausforderung dar. Fast alle würden sich gerne an dem Projekt beteiligen, sind aber oft aufgrund ihres engen Terminplans – viele kommen erst am Konzerttag an, proben am Nachmittag und reisen am nächsten Tag in aller Früh wieder ab – daran gehindert. Wer es sich jedoch einteilen kann, plant einen zusätzlichen Tag in Ingolstadt ein und besucht eine Schulklasse.
In den acht Jahren seines Bestehens gelang es „Meet the Artist“, die unterschiedlichsten Künstler an die verschiedensten Ingolstädter Schulen zu bringen und damit tatsächlich Schüler aller Altersstufen (von der 1. Klasse Grundschule bis zur damals noch bestehenden 13. Gymnasialklasse) zu erreichen. Dabei konnten Ensembles und Kammermusikformationen, wie das Barockensemble Europa Galante, die Barocksolisten München, das Vokalensemble amarcord, die Liedertafel mit Michael Volle, Franz Josef Selig und Gerold Huber, das Mandelring Quartett mit dem Ingolstädter Roland Glassl, das Klavierduo Michelle und Christina Naughton u.v.m ebenso für das Projekt gewonnen werden wie Solisten, wie z.B. Dorothée Oberlinger, Florian Uhlig, Annette Seiltgen oder Vardan Mamikonian.
Jeder Schulbesuch ist anders, manchmal finden sich sieben oder mehr Musiker vor den Schülern ein und spielen sich gegenseitig humorvoll die Bälle zu, manchmal steht eine Einzelperson vor der Klasse, die ganz auf sich allein – und ihr Instrument – gestellt die Schulstunde bestreitet. Manchmal wird mehr musiziert und manchmal gibt es mehr zu fragen und zu erzählen. Manchmal dürfen die Schüler die Instrumente angreifen und sogar ausprobieren – bei Dorothee Oberlinger und Europa Galante -, manchmal nur bewundern und bestaunen – bei Pavel Berman, dessen Stradivari mit dem schönen Namen „Maréchal Bertier“ schon Napoleon in der Hand gehalten hatte. Der Pianist Florian Uhlig veranstaltete ein Beethovenquiz, bei dem er seine neueste CD verloste, und berichtete über das von ihm gegründete Musikfestival mit Jugendprojekten in den Townships in Südafrika. Und Annette Seiltgen verband bei ihrem Schulbesuch (in ihrer ehemaligen Schule!) Musik und Zeitgeschichte und diskutierte mit Neuntklässlern über Nationalsozialismus und Exil.